Die Schilddrüse

Die Schilddrüse ist eine lebensnotwendige endokrine Drüse, welche mit ihren beiden Lappen und den sie verbindenden schmalen Isthmus ein schmetterlingsförmiges Organ bildet, welches in unmittelbarer Nachbarschaft zur Luftröhre (Trachea) knapp unterhalb des Kehlkopfs vorne im Halsbereich liegt.

Endokrin bedeutet, dass die von ihr produzierten Hormone (Botenstoffe), nämlich die eigentlichen Schilddrüsenhormone Tetrajodthyronin (Thyroxin = T4, enthält 4 Jodatome) und Trijothyronin (T3, enthält 3 Jodatome), aber auch das Calcitonin, welches im Calciumstoffwechsel eine Rolle spielt, direkt ins Blut abgegeben werden und über das Blutgefäßsystem im gesamten Körper verteilt werden können.

Über spezielle Rezeptoren in den Zellkernen der Zielzellen beeinflussen T4 und insbesondere T3 die Aktivität von zahlreichen Genen, meist kommt es dadurch zu einer Aktivierung der unterschiedlichsten Stoffwechselprozesse in unserem Körper.

 

Ohne Schilddrüsenhormone sind wir nicht lebensfähig, wir benötigen sie für unser Wachstum und die Reifung des Gehirns und auch beim Erwachsenen sind sie unverzichtbar.

In ihrer Funktion gut vergleichbar mit einem Motor, welcher im Normalfall unbemerkt seine Arbeit verrichtet, kann ein Zuviel an Schilddrüsenhormonen (Überfunktion = Hyperthyreose), also ein zu schnell laufender Motor, z.B. zu innerer Unruhe, zu schnellem Puls auch unter Ruhebedingungen bis hin zu Herzrhythmusstörungen und Atemnot führen. Zahlreiche mögliche weitere Symptome (Wärmeintoleranz, Schwitzneigung, ungewollter Gewichtsverlust, Tremor, Zyklusstörungen, Haarausfall etc.) verbunden mit einem allgemeinen Leistungsabfall machen uns die vielfältigen Auswirkungen der Schilddrüsenhormone auf unser Stoffwechselgleichgewicht deutlich.

 

Umgekehrt macht sich eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) oft durch zunehmende Müdigkeit und Antriebslosigkeit bemerkbar, vermehrte Kälteempfindlichkeit, trockene Haut, Gewichtszunahme und Neigung zur Verstopfung etc. sind weitere Hinweise auf einen verlangsamten Stoffwechsel und werden nicht selten gerade bei älteren Menschen verkannt, weil man sie mit dem natürlichen Alterungsprozess verwechselt.

Um noch eine sehr wichtige, komplexe Thematik zu erwähnen, auch die Schilddrüsenunterfunktion kann Zyklusstörungen bei Frauen zur Folge haben, z.B. eine ausbleibende Regelblutung und ist gar nicht selten ursächlich für einen unerfüllten Kinderwunsch. Überhaupt treten Schilddrüsenerkrankungen bei Frauen gerade in Phasen von hormonellen Umstellungen (Pubertät, Schwangerschaft, Stillperiode und in den Wechseljahren) gehäuft auf.

 

Es ist also sehr wichtig an die Möglichkeit einer Schilddrüsenstoffwechselstörung zu denken, da sowohl eine Überfunktion, als auch eine Unterfunktion der Schilddrüse prinzipiell in jedem Lebensalter bei beiden Geschlechtern auftreten können (bei Frauen wie bei fast allen Schilddrüsenerkrankungen häufiger), je nach Ausprägung mit unterschiedlichsten Symptomen die Lebensqualität stark beeinträchtigen können, aber auch gut behandelbar sind.

 

Die Behandlung wiederum hängt von der Art der Schilddrüsenerkrankung ab, ob es sich um eine vorübergehende Entzündung handelt, oder um eine chronische Autoimmunerkrankung (Morbus Hashimoto, Morbus Basedow) oder um eine funktionelle Autonomie der Schilddrüse mit szintigraphisch heißen Knoten, nur um die wichtigsten Ursachen zu nennen.

 

Gesteuert wird die Freisetzung der Schilddrüsenhormone selbst auch durch ein Hormon, nämlich durch das TSH aus der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse).

Dieser TSH-Wert im Blut wird in der klinischen Praxis auch zuerst bestimmt, um die Funktion der Schilddrüse abzuklären, weil dadurch auch schon latente Stoffwechselstörungen frühzeitig erkannt werden können.

 

Es könnte jetzt der falsche Eindruck entstanden sein, dass Schilddrüsenerkrankungen zwangsläufig zu Beschwerden führen müssen. Das ist aber keineswegs der Fall.

Heutzutage ist der "Zufallsbefund" Schilddrüsenknoten, welcher komplett symptomlos sein kann und oft als Nebenergebnis bei einer Ultraschalluntersuchung der Halsschlagadern (Carotis) festgestellt wird einer der häufigsten Gründe für eine fachärztliche Schilddrüsenabklärung. Solche Veränderungen können sowohl in einer normgroßen Schilddrüse als auch in einer krankhaft vergrößerten Schilddrüse

(Kropf = Struma) vorkommen, wobei die Häufigkeit des klassischen Kropfleidens, dank der in Österreich gesetzlich vorgeschriebenen Jodsalzprophylaxe in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen hat.

Solche großen Strumen können natürlich sehr wohl Beschwerden verursachen, sei es bloß durch ein zeitweises "Knödelgefühl" (Globusgefühl) im Halsbereich bin hin zu Atem- und Schluckbeschwerden durch Druck auf die benachbarte Luft- bzw. Speiseröhre. Auch eine anhaltende, unerklärliche Heiserkeit ist ein bedenkliches Symptom, ev. bedingt durch eine Lähmung des in enger Nahebeziehung zur Schilddrüse verlaufenden Stimmbandnerves, was wiederum eine Stimmbandlähmung zur Folge hat und neben der HNO-fachärztlichen Diagnostik unter anderem auch einer Schilddrüsenuntersuchung bedarf.

 

Da der Begriff "Knoten" insbesondere bei Frauen stark angstbesetzt ist, ist natürlich eine rasche Abklärung seitens der PatientInnen erwünscht.

Neben der klinischen Untersuchung (Tastbefund), dient dazu in erster Linie die Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse (Sonographie), welche unverzichtbar ist in der weiteren Beurteilung.

Nur falls dabei suspekte Knoten bzw. Knoten mit einem Durchmesser größer als 1 cm festgestellt werden, ist eine weiterführende nuklearmedizinische Abklärung (Szintigraphie) und gegebenenfalls, insbesondere bei szintigraphisch kalten Knoten, eine Feinnadelpunktion der Schilddrüse (zytologische Abklärung) erforderlich.

Abgerundet wird die Diagnostik von ergänzenden Laborparametern, wie z.B. dem Calcitonin, selten sind weiterführende Untersuchungen notwendig (z.B. Halsröntgen mit Schluckakt, MIBI-Szintigraphie, MRT, CT).

 

Die gute Nachricht, obwohl Knoten in der Schilddrüse sehr häufig sind, sind diese meist gutartig und harmlos. Bösartige Schilddrüsentumoren sind in Relation dazu viel seltener und in aller Regel auch sehr gut behandelbar mit ausgezeichneter Langzeitprognose.

 

Meine Aufgabe als Schilddrüsenspezialist sehe ich darin, möglichst rasch eine entsprechende diagnostische Abklärung durchzuführen und im einfühlsamen Gespräch mit den PatientInnen diese über die therapeutischen Möglichkeiten eingehend aufzuklären bzw. im günstigsten Fall klarzustellen, dass gar keine Therapie, ev. nur Verlaufskontrollen notwendig sind.